
Fußballer und ihre Frisuren: Das war schon immer ein weites Feld. Angefangen mit der langen Mähne von Günter Netzer in den Siebzigern über das seltsame Dreieck auf der Stirn von Ronaldo (dem Älteren) im WM-Finale 2002 bis hin zu Marcelinho, der sich in seiner Zeit bei Hertha BSC mal – wenn auch aus Versehen – die belgische Nationalfahne ins Haupthaar hatte färben lassen.
Kevin Behrens passt nur bedingt in diese Reihe. Exzentrische Anwandlungen sind dem Stürmer des 1. FC Union eher fremd. Und trotzdem lässt sich auch über seine Frisur gerade trefflich psychologisieren. Irgendwann in der vergangenen Woche, zwischen den Spielen gegen Sporting Braga und Borussia Dortmund, hat Behrens den Haarschneider angesetzt oder ansetzen lassen. Das Haupthaar trägt er jetzt raspelkurz.
Seit sieben Spielen ohne Tor
Zufall oder Chiffre? In solchen Fällen wie bei Behrens, wenn es auf dem Fußballplatz nicht richtig laufen will, ist man mit entsprechenden Deutungen schnell bei der Hand. Von wegen: In Zeiten anhaltenden Misserfolgs muss man halt irgendwas ändern, und wenn es nur die Frisur ist.
Seit sieben Spielen ist Behrens, der Mittelstürmer des Berliner Fußball-Bundesligisten, inzwischen ohne Tor. Mit etwas mehr Durchsetzungsvermögen hätte er diese schwarze Serie am vergangenen Wochenende vergleichsweise simpel beenden können – als Union in Dortmund ein Elfmeter zugesprochen wurde. „Vielleicht hätte es gutgetan, mal wieder ein Tor zu schießen, auch wenn es vom Elfmeterpunkt ist“, sagte er.
Aber Behrens war nicht eingeteilt als Schütze, und sich einfach den Ball zu schnappen, das hat er sich dann doch nicht getraut. „Es ist abgesprochen, daran halte ich mich“, erklärte er. „Ich wollte daraus auch kein Drama machen.“
Überraschende Nominierung
Der 32-Jährige erlebt ohnehin dramatische Zeiten. Seit Anfang der Woche hält er sich in den USA auf, weil der neue Bundestrainer Julian Nagelsmann ihn erstmals in die deutsche Nationalmannschaft berufen hat. Gute Zeiten. Mit dem Verein aber läuft es überhaupt nicht. Die sieben Spiele, in denen Behrens nicht getroffen hat, hat Union allesamt verloren. Schlechte Zeiten.
„Natürlich freu ich mich übertrieben darauf“, hat Behrens vor dem Abflug in die USA gesagt. „Es ist Wahnsinn, dass ich für die Nationalmannschaft nominiert bin. Es ist ein Traum. Wirklich unbeschreiblich.“
Das Momentum sei bei der Nationalmannschaft immer ein ganz wichtiger Punkt, hat Julian Nagelsmann zu Behrens und dessen Nominierung gesagt. Man müsse die Spieler einladen, die auf dem Peak sind. Aber gerade deshalb kam die Berufung von Unions Stürmer ein bisschen überraschend. Vor einem Monat, beim letzten Länderspiel unter Nagelsmanns Vorgänger Hansi Flick, wäre das noch anders gewesen.
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